Radiologisch isoliertes Syndrom

Ein radiologisch isoliertes Syndrom (RIS) bezeichnet die bei einem beschwerdefreien Menschen zufällig mittels Magnetresonanztomographie (MRT) nachgewiesene Schädigung (Läsion) eines oder mehrerer Orte in Gehirn und/oder Rückenmark, die aufgrund von Lokalisation und Form vereinbar mit einer demyelinisierenden Schädigung bei Multipler Sklerose (MS) ist. Eine andere Erklärung für die Schädigung darf nicht vorliegen.[1][2] Eine Multiple Sklerose kann gemäß der 2017er-Revision der McDonald-Kriterien erst dann diagnostiziert werden, sobald erstmals Symptome aufgetreten sind und die Diagnosekriterien erfüllt werden.[1]

Bei etwa einem Drittel der Betroffen, bei denen im MRT entsprechende Läsionen auffällig geworden waren, traten innerhalb von fünf Jahren Symptome auf,[3] innerhalb von zehn Jahren wird etwa die Hälfte der Betroffenen symptomatisch.[4] Risikofaktoren für die Entwicklung einer Multiplen Sklerose aus einem radiologisch isolierten Syndrom sind ein junges Lebensalter, eine hohe cerebrale Läsionslast, infratentorielle oder spinale Läsionen, Kontrastmittel-anreichernde Läsionen, der Nachweis oligoklonaler Banden im Liquor cerebrospinalis sowie pathologische visuell evozierte Potentiale (VEP).[1]

Für das radiologisch isolierte Syndrom ist der Nutzen einer immunmodulierenden Therapie nicht belegt und eine solche auch nicht zugelassen. In seltenen klinischen Konstellationen kann eine Off-Label-Therapie erwogen werden.[5]

Siehe auch

  • Klinisch isoliertes Syndrom (KIS)

Literatur

  • Darin T. Okuda: Radiologically Isolated Syndrome. In: Neuroimaging Clinics of North America. Band 27, Nr. 2, 2017, S. 267–275, doi:10.1016/j.nic.2016.12.008, PMID 28391785 (englisch). 
  • Jasmin Jakob, Frauke Zipp, Stefan Bittner: Diagnostik und Therapie des radiologisch isolierten Syndroms. In: DGNeurologie. Band 5, Nr. 1, 2021, S. 9–12, doi:10.1007/s42451-021-00394-8. 

Einzelnachweise

  1. a b c Alan J. Thompson et al.: Diagnosis of multiple sclerosis: 2017 revisions of the McDonald criteria. In: Lancet Neurology. Band 17, Nr. 2, 2018, S. 162–173, doi:10.1016/s1474-4422(17)30470-2, PMID 29275977. 
  2. Orhan Aktas et al.: Diagnose der Multiplen Sklerose: Revision der McDonald-Kriterien 2017. In: Nervenarzt. Band 89, Nr. 12, 2018, S. 1344–1354, doi:10.1007/s00115-018-0550-0, PMID 29876600. 
  3. Darin T. Okuda et al.: Radiologically Isolated Syndrome: 5-Year Risk for an Initial Clinical Event. In: PLOS ONE. Band 9, Nr. 3, 2014, S. e90509–e90509, doi:10.1371/journal.pone.0090509, PMID 24598783. 
  4. Christine Lebrun-Frenay et al.: Radiologically Isolated Syndrome: 10‐Year Risk Estimate of a Clinical Event. In: Annals of Neurology. Band 88, Nr. 2, 2020, S. 407–417, doi:10.1002/ana.25799, PMID 32500558. 
  5. Bernd Hemmer et al.: Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose, Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen und MOG-IgG-assoziierten Erkrankungen. In: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.): Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. S2k-Leitlinie, Stand 10. Mai 2021.
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