Joseph Pascher

Joseph Pascher (* 26. September 1893 in Härtlingen; † 5. Juli 1979 in Wiesbaden) war ein deutscher Theologe, römisch-katholischer Liturgiewissenschaftler, Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Direktor des Georgianums und Konzilstheologe.

Akademische Laufbahn

Nach Schulbesuch in Friedberg in Hessen, Oberlahnstein und Hadamar besuchte Pascher das Priesterseminar in Fulda. 1916 wurde er zum Priester geweiht. Im selben Jahr wurde er Mitglied der katholischen Studentenverbindung KDStV Hasso-Nassovia Frankfurt am Main im CV. Von 1916 bis 1920 war er Kaplan in Willmars. Zugleich studierte er für das Lehramt Mathematik, Orientalische Sprachen und Pädagogik und promovierte 1921 in Frankfurt am Main zum Dr. phil. Ab 1920 war er als Studienrat am städtischen Realgymnasium in Wiesbaden tätig. 1928 folgte seine Promotion zum Dr. theol. in Würzburg.

Nach seiner Habilitation in Fundamentaltheologie im Jahr 1929 war er Privatdozent für Apologetik an der Universität Würzburg. Nach Schließung der Würzburger Katholisch-Theologischen Fakultät wechselte er 1936 nach München, um einen Lehrauftrag für Religionspädagogik zu übernehmen. Als die Münchner Fakultät 1939 ebenfalls geschlossen wurde, nahm er 1940 einen Ruf an die Universität Münster als außerordentlicher Professor für Pastoraltheologie an, wurde dort 1945 Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät und 1946 ordentlicher Professor. Ab Sommer 1946 war er Ordinarius für Liturgiewissenschaft, Homiletik und Pastoraltheologie in München und Direktor des Georgianums. In seiner Zeit in München war er zweimal Dekan der Fakultät und von 1958 bis 1959 Rektor der Ludwig-Maximilians-Universität. Joseph Pascher wurde 1960 emeritiert.

Zu Paschers Schülern zählt neben anderen bedeutenden Theologen auch Joseph Ratzinger.[1]

Nach der Emeritierung: Konzilsberater und Liturgiereformer

Nach Ende seiner universitären Arbeit war Pascher Mitglied der vorbereitenden Konzilskommission für liturgische Fragen des Zweiten Vatikanum und in dessen ersten beiden Sitzungsperioden theologischer Berater des Kardinals Julius Döpfner. Nach Ende des Konzils arbeitete er im Consilium zur Ausführung der Liturgiekonstitution an der Reform des Stundenbuchs und beriet die Deutsche Bischofskonferenz in Fragen der anstehenden Liturgiereform. Paschers Mitarbeit in der Liturgischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, der er seit 1955 angehört hatte, endete zwar 1970, er wirkte jedoch weiter an Erneuerungen im deutschen Sprachraum mit.

Pascher starb 1979 an den Folgen eines Schlaganfalls; sein Grab liegt auf dem Münchner Waldfriedhof.

Positionen zur Liturgie und zur Ökumene

Ein zentrales Anliegen Paschers war es, dass die Liturgie so angelegt ist, dass der Wechselbeziehung zwischen liturgischer und privater Frömmigkeit Rechnung getragen ist; dazu war die Liturgie aus Paschers Sicht mit der modernen Zeit in Einklang zu bringen.

In Bezug auf das Stundengebet zog er daraus die Folgerung, für die Brevierpflicht eine so weite Lockerung zu fordern, dass der Priester ihr nachkommen kann und dabei genug Freiraum und Zeit hat, sie sich zur eigenen inneren Erbauung gedeihen zu lassen – was gerade für den stark beanspruchten Seelsorger der modernen Zeit von besonderer Bedeutung sei. Aus ähnlichen Gründen sprach sich Pascher bereits 1958 für die Verwendung der Muttersprache in der Liturgie aus, um den Gläubigen das Problem des Verstehens der lateinischen Texte zu ersparen.

Mit Paschers zentralem Anliegen hing auch seine praktische Orientierung bei seinen Arbeiten zur Liturgie zusammen. Bei seiner Tätigkeit in der Übersetzung des Missale Romanum legte er Wert darauf, dass der Text vom Rhythmus her einer Vertonung nicht entgegensteht. Im Hinblick auf sein Alter räumte er ein, dass Vorschläge Jüngerer mit modernerer Sprachauffassung eventuell Vorrang haben könnten. Das von Pascher mitinitiierte und anfänglich unter seiner Schriftleitung stehende Liturgische Jahrbuch war zunächst dezidiert an den Fragen der Gottesdienstpraxis orientiert.

Paschers ökumenischen Arbeiten – bereits 1946 war er Mitglied im neugegründeten Ökumenischen Arbeitskreis – hatten die gleiche Wurzel in der Betonung der Glaubenspraxis: Er sprach sich für eine größere Einheitlichkeit bei Katholiken und Protestanten in der Glaubenspraxis aus, auch bei schwer überwindlichen Unterschieden in der Glaubenslehre, – etwa durch die Einheitsübersetzung der Bibel und einen einheitlichen Text des Vaterunsers.

Ehrungen

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Die plastische Kraft im religiösen Gestaltungsvorgang nach Joseph von Görres : Eine Studie zur Religionspsychologie. C. J. Becker, Würzburg 1928 (theologische Dissertation)
  • Inwendiges Leben in der Werkgefahr. Erich Wewel Verlag, Krailling vor München 1940, 2., verb. Aufl. Erich Wewel, Freiburg i. Br. 1952
  • Eucharistia. Gestalt und Vollzug. Aschendorff, Münster/Westfalen und Erich Wewel, Krailling vor München 1947, 2., verb. Aufl. Aschendorff, Münster/Westfalen und Erich Wewel, Freiburg i. Br. 1953.
  • Form und Formenwandel sakramentaler Feier: Ein Beitrag zur Gestaltenlehre der heiligen Zeichen. Aschendorff, Münster 1949.
  • Die Liturgie der Sakramente. Aschendorff, Münster 1951.
  • Das liturgische Jahr, Hueber, München 1963.
  • Das Dritte Reich, erlebt an drei deutschen Universitäten. In: Die deutsche Universität im Dritten Reich. Eine Vortragsreihe der Universität München. München 1966, S. 45–69.
  • Wertung und Behandlung der Zeichen bei der Neuordnung der römischen Eucharistiefeier. Verlag der Bayerischen Akademie der Wissenschaft, München 1976.

Literatur

  • Reiner KaczynskiPascher, Joseph Maria. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, ISBN 3-428-00201-6, S. 84 f. (Digitalisat).
  • Markus Roth: Joseph Pascher als liturgischer Reformer. In: Jürgen Bärsch, Winfried Haunerland (Hrsg.): Liturgiereform vor Ort. Zur Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils in Bistum und Pfarrei. Friedrich Pustet, Regensburg 2010, ISBN 978-3-7917-2250-4, S. 43–61.
  • Markus Roth: Joseph Maria Pascher (1893–1979). Liturgiewissenschaftler in Zeiten des Umbruchs. EOS, Sankt Ottilien 2011, ISBN 978-3-8306-7494-8. (MThSt I/39)
  • Christoph Schmitt: Joseph Pascher. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 16, Bautz, Herzberg 1999, ISBN 3-88309-079-4, Sp. 1196–1202 (Artikel/Artikelanfang im Internet-Archive).
  • Johannes Wagner: Erinnerungen an Joseph Pascher (1893–1979). In: Notitiae 15 (1979) 668–672 [online: http://www.cultodivino.va/content/cultodivino/it/rivista-notitiae/indici-annate/1979/162.html].
  • Union Diplomatique Mondiale (Hrsg.): Münchener Prominenz 1962–1963. UDM-Verlag, München ohne Jahr.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Joseph Ratzinger, Aus meinem Leben, Autobiographie, 1997.
Rektoren und Präsidenten der Ludwig-Maximilians-Universität München

Rektoren (1826–2007): Georg Leonhard von Dresch | Andreas Florian Meilinger | Friedrich Wilhelm von Thiersch | Joseph Franz Allioli | Hieronymus von Bayer | Johann Adam Oberndorfer | Johann Nepomuk von Ringseis | Thaddäus Siber | Georg Friedrich Wiedemann | Hieronymus von Bayer | Johann Baptist von Weißbrod | Thaddäus Siber | Georg Friedrich Wiedemann | Franz Xaver Zenger | Johann Adam Oberndorfer | Johann Andreas Buchner | Franz Streber | Ignaz von Döllinger | Georg Phillips | Johann Baptist von Weißbrod | Maximilian von Stadlbaur | Hieronymus von Bayer | Franz Streber | Maximilian von Stadlbaur | Karl Ludwig Arndts | Johann Nepomuk von Ringseis | Peter Ernst von Lasaulx | Franz Xaver Reithmayr | Joseph von Pözl | Franz von Seitz | Hubert Beckers | Maximilian von Stadlbaur | Joseph von Pözl | Max von Pettenkofer | Philipp von Jolly | Ignaz von Döllinger | Bernhard Windscheid | Joseph von Pözl | Max von Pettenkofer | Wilhelm von Giesebrecht | Ignaz von Döllinger | Johann Julius Wilhelm Planck | Wilhelm Heinrich Riehl | Karl von Hecker | Carl Adolf Cornelius | Alois von Brinz | Johann von Helferich | Karl von Prantl | Karl Alfred von Zittel | Peter Schegg | Alois von Brinz | Wilhelm Heinrich Riehl | August von Rothmund | Heinrich Brunn | Ludwig Radlkofer | Josef Maria Schönfelder | Hermann von Sicherer | Karl Gayer | Hugo Wilhelm von Ziemssen | Wilhelm von Christ | Adolf von Baeyer | Alois Knöpfler | Josef Berchtold | August von Bechmann | Franz von Baur | Karl Wilhelm von Kupffer | Karl Theodor von Heigel | Eugen von Lommel | Joseph von Bach | Emanuel von Ullmann | Lujo Brentano | Franz Ritter von Winckel | Ernst Kuhn | Ferdinand von Lindemann | Otto Bardenhewer | Karl von Birkmeyer | Max Endres | Otto von Bollinger | Hermann Paul | Alois Knöpfler | Carl Gareis | Georg Ritter von Mayr | Friedrich von Müller | Hermann von Grauert | Karl von Goebel | Eduard Weigl | Clemens Baeumker | Friedrich von Müller | Reinhard von Frank | Erich von Drygalski | Georg Pfeilschifter | Carl von Kraus | Leopold Wenger | Wilhelm Wien | Karl Vossler | Vinzenz Schüpfer | Oswald Bumke | Eduard Eichmann | Albert Rehm | Reinhard Demoll | Leo von Zumbusch | Karl Escherich | Leopold Kölbl | Philipp Broemser | Walther Wüst | Albert Rehm | Karl Vossler | Georg Hohmann | Aloys Wenzl | Walther Gerlach | Michael Schmaus | Mariano San Nicolò | Josef Nikolaus Köstler | Alfred Marchionini | Melchior Westhues | Friedrich Klingner | Egon Wiberg | Joseph Pascher | Eugen Ulmer | Julius Speer | Gerhard Weber | Ludwig Kotter | Carl Becker | Audomar Scheuermann | Peter Walter | Nikolaus Lobkowicz | Wulf Steinmann | Andreas Heldrich | Bernd Huber | Präsident (seit 2007): Bernd Huber

Inhaber des Lehrstuhls für Liturgiewissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München

Matthäus Fingerlos (1806–1814) | Johann Peter Roider (1815–1820) | Georg Friedrich Wiedemann (1821–1842) | Franz Xaver Dirnberger (1842–1855) | Karl Borromäus Thumann (1855–1863) | Valentin Thalhofer (1863–1876) | Andreas Schmid (1877–1909) | Eduard Weigl (1909–1946) | Joseph Pascher (1946–1960) | Walter Dürig (1960–1980) | Reiner Kaczynski (1980–2005) | Winfried Haunerland (2005–2022) | Stefan Kopp (seit 2022)

Normdaten (Person): GND: 118739425 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: no2009177156 | VIAF: 3266030 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Pascher, Joseph
KURZBESCHREIBUNG deutscher Theologe und Direktor des Georgianums
GEBURTSDATUM 26. September 1893
GEBURTSORT Härtlingen
STERBEDATUM 5. Juli 1979
STERBEORT Wiesbaden