Josef Philipp Herr

Joseph Philipp Herr, Gemälde von Wenzel Ottokar Noltsch (1880)

Josef Philipp Herr, auch Josef Phillip Herr und Joseph Herr[1], (* 18. November 1819 in Wien; † 30. September 1884 in Hinterbrühl) war ein österreichischer Geodät, Astronom, Hochschullehrer und erster gewählter Rektor des k.k. Polytechnischen Instituts, der heutigen Technischen Universität Wien.

Leben

Josef Philipp Herr betrieb zunächst philosophische, später juristische Studien an der Universität Wien sowie ein Studium am k.k. Polytechnischen Institut. 1845 promovierte er an der Universität Wien zum Dr. phil. Anschließend war er bei der Ungarischen Central-Eisenbahn und im Österreichischen Handelsministerium tätig.

Im Jahr 1850 wurde er Assistent für praktische Geometrie bei Simon Stampfer am k.k. Polytechnischen Institut. 1852 wurde er ordentlicher Professor der höheren Mathematik und der praktischen Geometrie am damaligen Joanneum in Graz, 1856 erfolgte die Berufung als ordentlicher Professor an das Polytechnische Institut in Wien. 1866 wurde er ordentlicher Professor für Sphärische Astronomie und Höhere Geodäsie und stand damit der ersten Speziallehrkanzel für Erdmessung in Europa vor. Mit dem Studienjahr 1866/67 trat ein neues Organisationsstatut in Kraft, am 3. November 1866 wurde Josef Philipp Herr vom Professorenkollegium zum ersten Rektor des Polytechnischen Instituts gewählt. Bis dahin wurde die Anstalt von einem von der Regierung ernannten Direktor geleitet.[1] Zu seinen Assistenten zählten unter anderem Gustav Niessl von Mayendorf, Wilhelm Tinter und Anton Schell.

Von 1858 bis 1867 war er Redakteur der Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins, von 1866 bis 1869 war er Gemeinderat in Wien. Herr war Mitglied der Wasserversorgungskommission, die mit der Planung der I. Wiener Hochquellenleitung betraut war. Außerdem war er Initiator der österreichischen Gradmessungskommission, deren Präsident er 1879 wurde und Mitglied der Kommission für mitteleuropäische Gradmessung.

1871 war er als Mitglied einer Fachkommission an der Ausarbeitung der Maß- und Gewichtsordnung beteiligt mit der in Österreich das metrische System eingeführt wurde. Herr war erster Direktor der Normal-Eichungs-Kommission in Wien. Als Mitglied des Comité International des Poids et Mésures war er an der Gründung der Meterkonvention 1875 und des Internationalen Büros für Maß und Gewicht in Sèvres bei Paris beteiligt.

1870 wurde er zum Regierungsrat ernannt, 1872 wurde er Ministerialrat.

Publikationen (Auswahl)

  • 1865: gemeinsam mit Simon Stampfer, Logarithmische-Trigonometrische Tafeln, 7. Aufl. bearbeitet und verbessert
  • 1869, 1872, 1877: gemeinsam mit Simon Stampfer, Theoretische-praktische Anleitung zum Nivellieren, 6., 7. und 8. Aufl.
  • 1877/78: Lehrbuch der höheren Mathematik, 2 Bände, 1857–64, 3. Auflage
  • 1870: Über das Verhältnis des Bergkristall-Kilogramms, welches das Urgewicht in Österreich bilden soll, zum Kilogramm des k. Archivs zu Paris
  • 1873: Anleitung zum Gebrauch des Stampferschen Visierstabes zur Bestimmung des Rauminhaltes von Fässern
  • 1887 (posthum): Lehrbuch der sphärischen Astronomie in ihrer Anwendung aus geographische Ortsbestimmung, nach dessen Tod von Wilhelm Tinter vollendet, Seidel & Sohn, Wien 1923, 2. Auflage

Literatur

  • Felix Czeike (Hrsg.): Herr, Josef Philipp. In: Historisches Lexikon Wien. Band 3, Kremayr & Scheriau, Wien 1994, ISBN 3-218-00545-0, S. 157 (Digitalisat).
  • Herr, Josef Philipp. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 2, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1959, S. 290.
  • Juliane Mikoletzky, Sabine Plakolm-Forsthuber (Herausgeber): Eine Sammlung von außerordentlicher Geschlossenheit/A Collection of Unusual Completeness: Die Rektorengalerie der Technischen Universität Wien/The Gallery of Rectors of the TU Wien. Festschrift 200 Jahre Technische Universität Wien, Band 13. Wien, Böhlau-Verlag 2015. ISBN 978-3-205-20113-7
Commons: Joseph Phillip Herr – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Kurze Geschichte der Technischen Universität Wien. In: tuwien.at. Abgerufen am 4. Dezember 2020. 
Professuren für Technische Mathematik an der Technischen Universität Graz

1. Institut für Analysis und Zahlentheorie: Georg Göth (1841–1865) | Johann von Rogner (1866–1886) | Rudolf Ameseder (1886–1891) | Oskar Peithner von Lichtenfels (1891–1894) | Franz Hocevar (1894–1919) | Roland Weitzenböck (1920–1922) | Karl Mayr (1925–1940) | Ludwig Holzer (1942–1948) | Hans Hornich (1949–1958) | Erwin Kreyszig (1960–1968) | Karl Wilhelm Bauer (1969–1989) | Robert Tichy (seit 1990) | Wolfgang Tutschke (1996–2002) | Peter Grabner (seit 2004) | Christoph Aistleitner (seit 2020)

2. Institut für Angewandte Mathematik: Florian Schindler (1842–1845) | Friedrich Hartner (1845–1851) | Josef Philipp Herr (1853–1858) | Anton Winckler (1859–1866) | Moritz Allé (1867–1882) | Gustav von Escherich (1883–1885) | Franz Mertens (1885–1894) | Oskar Peithner von Lichtenfels (1894–1921) | Bernhard Baule (1921–1938) | Lothar Koschmieder (1939–1945) | Bernhard Baule (1945–1962) | Wolfgang Hahn (1964–1981) | Helmut Florian (1965–1994) | Rudolf Heersink (1981–2004) | Karl Perktold (2000–2003) | Olaf Steinbach (seit 2004) | Jussi Behrndt (seit 2011)

3. Institut für Geometrie: Max Bauer (1854–1860) | Rudolf Niemtschik (1861–1870) | Emil Koutny (1871–1881) | Karl Pelz (1878–1896) | Rudolf Schüssler (1897–1931) | Josef Krames (1933–1939) | Heinz Horninger (1943–1945) | Friedrich Hohenberg (1948–1972) | Hans Vogler (1973–2004) | Hellmuth Stachel (1976–1981) | Otto Röschel (1993–2019) | Johannes Wallner (seit 2007) | Michael Kerber (seit 2015)

4. Institut für Diskrete Mathematik: Rudolf Zuheir Domiaty (1971–1997) | Rainer Burkard (1982–2011) | Günter Kern (1983–2009) | Karl Kunisch (1986–1994) | Wolfgang Woess (2000–2022) | Mihyun Kang (seit 2012) | Stephan Wagner (seit 2023)

5. Institut für Statistik: Ulrich Dieter (1973–2002) | Josef Gölles (1981–1994) | Ernst Stadlober (1997–2016) | István Berkes (2003–2015) | Siegfried Hörmann (seit 2017) | Stefan Michael Thonhauser (seit 2023)

Normdaten (Person): GND: 137563515 (lobid, OGND, AKS) | VIAF: 170695740 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Herr, Josef Philipp
ALTERNATIVNAMEN Herr, Josef Phillip; Herr, Joseph
KURZBESCHREIBUNG österreichischer Geodät, Astronom und Hochschullehrer
GEBURTSDATUM 18. November 1819
GEBURTSORT Wien
STERBEDATUM 30. September 1884
STERBEORT Hinterbrühl