Ampholyt

Ampholyte (zusammengesetzt aus griechisch αμφίς amphis = „auf beiden Seiten“, und λύσις lysis = „Auflösung“) oder Säure-Base-Ampholyte beziehungsweise Säure-Base-Amphotere, genannt auch amphiprotische Verbindungen, sind chemische Verbindungen, die sowohl als Brønsted-Säure als auch als Brønsted-Base reagieren können. Dieses Verhalten bezeichnet man auch als Säure-Base-Amphoterie. Amphotere können sowohl Protonen aufnehmen als auch abgeben.

Eigenschaften

Die Wasserlöslichkeit der Ampholyte hängt stark vom pH-Wert ab. Manche Ampholyte reagieren mit sich selbst, das bekannteste Beispiel dafür ist Wasser. Es reagiert mit Säuren zu H3O+ oder mit Basen zu OH, dieses Verhalten zeigt sich auch in reinem Wasser als Autoprotolyse:

2   H 2 O     H 3 O + + O H {\displaystyle \mathrm {2\ H_{2}O\ \rightleftharpoons \ H_{3}O^{+}+OH^{-}} }

Beispiele für Ampholyte

Verbindungen, die zur Autoprotolyse neigen

Beispiele (Autoprotolysekonstanten pKau nach[1]):

  • Wasser H2O (pKau=14)
  • Ammoniak NH3 (pKau=29 bei −50 °C)
  • Schwefelsäure H2SO4 (pKau=3,85)
  • Essigsäure CH3COOH (pKau=14,45)
  • Ameisensäure HCOOH (pKau=6,2)
  • Methanol CH3OH (pKau=16,9)
  • Ethanol CH3CH2OH (pKau=19,5)
  • Fluorwasserstoff HF (pKau=10,7 bei 0 °C)[2]

Die angegebenen Autoprotolysekonstanten entsprechen dem negativen dekadischen Logarithmus (s. a. pH-Wert) des Ionenprodukts der Stoffe. Mit steigender Temperatur nimmt das Ausmaß der Autoprotolyse für gewöhnlich zu.

Reaktionsbeispiel: Wasser

Reagiert mit Säure als Base:

H C l + H 2 O H 3 O + + C l {\displaystyle \mathrm {HCl+H_{2}O\longrightarrow H_{3}O^{+}+Cl^{-}} }

Reagiert mit Base als Säure:

N H 3 + H 2 O N H 4 + + O H {\displaystyle \mathrm {NH_{3}+H_{2}O\longrightarrow NH_{4}^{+}+OH^{-}} }

Teilweise deprotonierte mehrprotonige Säuren

Beispiele:

  • Monohydrogenphosphat HPO42−
  • Dihydrogenphosphat H2PO4
  • Hydrogensulfat HSO4
  • Hydrogencarbonat HCO3

Reaktionsbeispiel: Dihydrogenphosphat

Reagiert mit Säure als Base:

H C l + H 2 P O 4 H 3 P O 4 + C l {\displaystyle \mathrm {HCl+H_{2}PO_{4}^{-}\longrightarrow H_{3}PO_{4}+Cl^{-}} }

Reagiert mit Base als Säure:

N H 3 + H 2 P O 4 N H 4 + + H P O 4 2 {\displaystyle \mathrm {NH_{3}+H_{2}PO_{4}^{-}\longrightarrow NH_{4}^{+}+HPO_{4}^{2-}} }

Teilweise protonierte mehrwertige Basen

Beispiele:

Reaktionsbeispiel: basisches Magnesiumchlorid

Reagiert mit Säure als Base:

H C l + M g ( O H ) C l H 2 O + M g C l 2 {\displaystyle \mathrm {HCl+Mg(OH)Cl\longrightarrow H_{2}O+MgCl_{2}} }

Reagiert mit Base als Säure:

M g ( O H ) C l + N a O H N a C l + M g ( O H ) 2 {\displaystyle \mathrm {Mg(OH)Cl+NaOH\longrightarrow NaCl+Mg(OH)_{2}} }

Verbindungen mit sauren und basischen funktionellen Gruppen

Verbindungen mit mindestens je einer sauren und basischen funktionellen Gruppen sind ebenfalls amphotere Stoffe, so beispielsweise:

Reaktionsbeispiel: Glycin (einfachste Aminosäure)

Reagiert mit Säure als Base:

H C l + H 2 N C H 2 C O O H H 3 N + C H 2 C O O H + C l {\displaystyle \mathrm {HCl+H_{2}N{-}CH_{2}{-}COOH\longrightarrow H_{3}N^{+}{-}CH_{2}{-}COOH+Cl^{-}} }

Reagiert mit Base als Säure:

N a O H + H 2 N C H 2 C O O H H 2 O + H 2 N C H 2 C O O + N a + {\displaystyle \mathrm {NaOH+H_{2}N{-}CH_{2}{-}COOH\longrightarrow H_{2}O+H_{2}N{-}CH_{2}{-}COO^{-}+Na^{+}} }

Berechnen des Eigen-pH-Werts von Ampholyten

Löst man Ampholyte (mit zwei funktionellen Gruppen) in Wasser, so stellt sich ein mittlerer pH-Wert ein, der sich mit folgender (für nicht allzu starke Verdünnungen konzentrationsunabhängigen) Näherungsformel, auch „Ampholytgleichung“ genannt, berechnen lässt.

p H = 1 2   ( p K S 1 + p K S 2 ) = 1 2   ( p K S 1 + 14 p K B 2 ) {\displaystyle pH={\frac {1}{2}}\ (pK_{S1}+pK_{S2})={\frac {1}{2}}\ (pK_{S1}+14-pK_{B2})}

Dabei sind pKS1 und pKS2 die Säurekonstanten (pKS-Werte) der jeweiligen Dissoziationsmöglichkeiten des Ampholyten.

Elektrisch neutrale Ampholyte, z. B. Aminosäuren, haben bei diesem pH-Wert außerdem die niedrigste Löslichkeit; sinkt oder steigt der pH-Wert, nimmt die Löslichkeit dagegen wieder zu, da mit der Ladung die Solvathülle stabilisiert wird.

Siehe auch

Wiktionary: Ampholyt – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Lothar Kolditz: Anorganische Chemie. Band 1. 2. Auflage. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1983, S. 188.
  2. A. F. Holleman, E. Wiberg, N. Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 101. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 1995, ISBN 3-11-012641-9, S. 457.